Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee by Stefan Seitz

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee by Stefan Seitz

Autor:Stefan Seitz
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Carlsen Verlag, Hamburg
veröffentlicht: 2013-02-08T05:00:00+00:00


Fässer, Nüsse und eine Fotografie

Primus hatte einen wunderbaren Traum. Eingerollt lag er unter seiner Bettdecke und schmatzte genüsslich vor sich hin. Er träumte von der Konditorei in Klettenheim. Mit großen Augen stand er vor den Regalen, die über und über mit Torten gefüllt waren. Bis zur Decke reichten die Leckereien und dufteten, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief. In heller Freude sprang er durch den Laden und beschnüffelte jeden einzelnen Kuchen, den er erblickte. Er konnte sich gar nicht entscheiden, welche der vielen Torten er zuerst probieren sollte. Da lag ein riesiger Kirschkuchen, daneben eine Himbeercremetorte und etwas weiter drüben ein Zitronenkuchen. Primus fühlte sich wie im Paradies. Gerade wollte er die Hand nach einer Schokoladentorte ausstrecken, da sah er aus dem Augenwinkel etwas schimmern. Glasierte Heidelbeerplätzchen! Primus gab ein verzücktes Stöhnen von sich. Er tänzelte zwischen den Torten hindurch hinüber zu den Plätzchen. Voller Hingabe hob er die Nase. Er schloss die Augen, atmete den Duft ein und drehte sich glückselig im Kreis. Dann blieb er stehen. Zwischen den Regalen war eine Tür!

Die war ihm bisher noch nie aufgefallen. Sie war rund und fast so hoch wie der Raum. Das Türblatt bestand aus purer Schokolade, der Griff war eine Zuckerstange und um die Tür war ein Bogen aus Torten gespannt. Was für ein Anblick! Hier konnte er unmöglich widerstehen. Er griff nach der Zuckerstange und öffnete die Tür. Aber Moment, was war denn das?!

Primus grunzte im Schlaf. Hinter der Tür befand sich der Gang, den er noch vor wenigen Stunden durchflogen hatte. Dieser sah jedoch plötzlich ganz anders aus. So weit seine Augen reichten, war er mit Regalen voller Torten gefüllt. Sie bogen sich um die Tunnelwand und reihten sich bis in die Unendlichkeit aneinander. Primus hatte noch nie etwas Schöneres gesehen. Schmachtend flog er in den Tunnel hinein. Er streckte den Flügel aus, griff sich eine Torte und schaute sie an. Sie schimmerte und glänzte, dass ihm ganz warm ums Herz wurde. Gerade riss er den Mund auf und wollte hineinbeißen, als er plötzlich Schritte vernahm. Primus drehte sich um. Voller Entsetzen ließ er die Torte fallen. Hinter ihm stand der Konditor!

Dieser hatte einen riesigen Brotschuber dabei und holte brüllend zum Schlag aus. Mit einem Schrei ergriff Primus die Flucht. So schnell er nur konnte, flog er den Tunnel entlang, in dem es diesmal mit jedem Stück heißer wurde. In Panik sah er zurück. Der Konditor hatte die Verfolgung aufgenommen und trampelte ihm mit riesigen Schritten durch den Gang hinterher. Sein dicker Bauch wackelte wie ein Pudding unter der Schürze, während er in rasender Wut seinen Brotschuber schwang. Bei jedem Schritt ließ er ihn von einer Seite zur anderen donnern und schlug in die Regale, dass die Torten spritzten. Primus flog, so schnell er nur konnte. Aber der Konditor holte auf. Bumm, bumm, bumm donnerten seine Prügelschläge und ließen Primus erzittern. Von allen Seiten spritzte die Sahne oder sausten Torten durch die Luft. Der Konditor musste nun genau hinter ihm sein – da spürte er auch schon den Luftzug im Genick.



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